- 4. März 2015
- Veröffentlicht durch: admin
- Kategorie: Sprachwissenschaft
In Stellenanzeigen werden sie häufig verlangt, die „guten Fremdsprachenkenntnisse“. Doch wie gut ist eigentlich „gut“? Ab wann darf man sich im Lebenslauf selbst gute Kenntnisse einer Fremdsprache attestieren und was an Vokabular und Grammatikstrukturen, auf die die Sprachlehrer in der Schule immer so beharrt haben, muss man dafür beherrschen?
Zunächst einmal verlangen die genannten Stellenangebote keine fehlerlose oder muttersprachliche Beherrschung der betreffenden Fremdsprache. Gewünscht wird eher die Fähigkeit, sich in den meisten beruflichen Situationen spontan und ohne allzu viel Stocken oder sichtbarem Nach-Wörtern-suchen verständlich auszudrücken.
Und außerdem ist die Beherrschung einer Fremdsprache keine ungreifbare Größe, sondern der Europäische Referenzrahmen bietet eine sehr eindeutige Einordnung in die verschiedenen Sprachniveaus. Die oben genannte Sprachfertigkeit ließe sich wohl personenabhängig zwischen B1 und B2 ansiedeln.
Um diese fortgeschrittenere Beherrschung zu erlangen, gibt es jedoch leider kein Generalrezept, sondern ihr Erwerb ist eine sehr persönliche Angelegenheit. Manche Menschen sind mit einem relativ geringen Wortschatz bereits in der Lage, zwar mit Fehlern, aber dennoch recht fließend in einer Fremdsprache zu kommunizieren. Andere hingegen fühlen sich mit einem deutlich umfangreicheren Wortschatz immer noch sehr unsicher und haben Schwierigkeiten mit der Konstruktion eines längeren Satzes.
Doch wie groß sollte ein fremdsprachlicher Wortschatz im Durchschnitt eigentlich sein, um sich wie gewünscht auf einem mittleren bis gehobenen Niveau, wie in der Geschäftswelt üblich, auszudrücken?
Der aus Italien stammende Fußballtrainer Fabio Capello behauptete einmal, er könne mit 100 englischen Wörtern seine Mannschaft trainieren. Selbstverständlich muss man auch im Geschäftsalltag kein Shakespeare sein und Capello muss sicherlich ebenso wenig ein sprachliches Feuerwerk entzünden, um seinen Spielern die Feinheiten einer Angriffsstrategie nahezubringen. Doch wie weit kommt man mit beispielsweise 100 englischen Wörtern? Peter Howarth, der stellvertretende Direktor des Sprachenzentrums der Universität Leeds bezeichnet diese Zahl jedoch als „lächerlich klein“. Man könne diese Anzahl in wenigen Tagen erlernen, hätte damit allerdings gerade einmal die wichtigsten Pronomina, einige wenige Verben und möglicherweise ein paar Konjunktionen abgedeckt. Man könnte sich in beschränkten Situationen, wie sie z.B. in Sprachführern beschrieben werden, eventuell verständlich machen, doch würde das Sprachniveau auf keinen Fall über „Touristen-Englisch“ hinausgehen.
Die Schätzungen in Bezug auf den notwendigen Business-Wortschatz gehen weit auseinander. Doch laut Fiona Douglas, einer Englischlektorin in Leeds sollten Fortgeschrittene der Stufen B1 und B2 mit Hilfe von Wörterbüchern ca. 7500 und Anfänger des Niveaus A1 und A2 in etwa 2000 Wörter der Fremdsprache beherrschen. Erreichen lässt sich dieser Kenntnisstand jedoch für jeden, egal, ob sprachbegabt oder eher naturwissenschaftlich veranlagt. Lediglich die Dauer, in der man sich dieses Vokabular aufbauen kann, variiert von Lerntyp zu Lerntyp und mit dem aufgebrachten Lernpensum und der Unterrichtsintensität.
Sir Winston Churchill war berühmt für seinen breiten Wortschatz. In seinen Schriftswerken benutzte er ca. 60.000 Wörter.
In einigen Business-Situationen kommt es jedoch darauf an, nicht nur ein ungefähres Verständnis der Fremdsprache aufzubringen, sondern nicht selten, so bei dem Abschluss von Verträgen, ist jedes gesprochene oder geschriebene Wort entscheidend. In einer solchen Situation empfiehlt es sich daher, nicht auf die eigenen Kenntnisse zu vertrauen, sondern sich an einen Dolmetscher oder Übersetzer zu wenden.
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