- 13. Mai 2017
- Veröffentlicht durch: admin
- Kategorie: Sprachwissenschaft
„Uber“ kennt heutzutage fast jeder, der ab und an mal eine Zeitung in die Hand nimmt. Der milliardenschwere US-Konzern hatte die Idee, das Prinzip der Mitfahrgelegenheit mit dem des Taxis zu verbinden. So chauffieren heute tausende Menschen fremde Leute in Ihrem Fahrzeug von A nach B und bessern so ein wenig die Haushaltskasse auf. Aber etwas fällt hier schnell auf und das ist der Name des Unternehmens. Denn dieser klingt nicht englisch, sondern deutsch. Das Wort „uber“ brannte sich erstmals durch Nietzsche ins Gedächtnis der Amerikaner und wurde später durch Superman und Online Spiele ein populärer Begriff. Da es in den USA schwer fällt das Ü auszusprechen, wurde dieses durch ein U ersetzt. Man mag es Ihnen nicht verdenken, wenn man bedenkt, wie viele Deutsche das amerikanische R im „Sorry“ Tag für Tag mit ihrem harten R gleichsetzen. Aber zurück zu den sogenannten Lehnworten der Amerikaner. Lehnworte, im Englischen loanwords, sind Begriffe die dem Wortschatz anderer Sprachen entstammen. Uns interessieren heute jene, die ihren Ursprung in der deutschen Sprache haben und regelmäßig im Sprachgebrauch der US-Bürger Anwendung finden.
Neben dem Wort „uber“, das vom Amerikaner an der Stelle verwendet wird, an der ein Deutscher „mega“, oder „voll“ sagt, gibt es unzählige andere Worte die dem Deutschen entspringen. Man mag es kaum glauben, aber die amerikanische „noodle“ geht namentlich tatsächlich aus der deutschen Nudel hervor. Passiert ist das Ganze im 18. Jahrhundert. Genaueres zur sprachlichen Geburt der „noodle“ ist jedoch nicht bekannt. Ein weiteres Exemplar bietet das Wort „Kindergarten“. Dies betitelt jedoch nicht den klassischen Kindergarten wie wir ihn kennen. Vielmehr ist hier die Vorschule gemeint, ein Ort, an dem Kinder spielerisch ihre ersten, schulischen Erfahrungen sammeln. Johannes Ronge, ein deutscher, katholischer Priester eröffnete in England 1850 erstmalig eine Institution mit dem Namen Kindergarten, nachdem Friedrich Fröbel diesen Begriff 1840 in Deutschland einführte. 1858 tat es ihm Elizabeth Peabody in Boston, Massachusetts nach. Auch Peabody blieb dem Begriff treu. Kommen wir nun zum allseits bekannten Hamburger. Dieser ist aus dem amerikanischen Sprachgebrauch nicht mehr wegzudenken. Die beliebte Speise ist tatsächlich nach der deutschen Metropole benannt. Grund hierfür waren tausende, deutsche Auswanderer die im frühen 19. Jahrhundert in Hamburg ihre Reise in die neue Welt antraten und von dort das „Hamburg Steak“ in amerikanische Siedlungen mitbrachten.
Pretzel & Co.
Verharren wir noch einen Moment beim Thema Gaumenfreuden. Verlangt man in den USA nach einer Brezel, so bekommt man eine „Pretzel“. Diese gibt’s dort traditionell, finden kann man sie im Land der unbegrenzten Möglichkeiten aber auch in den außergewöhnlichsten Geschmacksrichtungen. Durch die bedeutsame US-Kette „Wetzel’s Pretzels“ entstand eine Begeisterung der Massen rund um die gute, alte Brezel. Diese war dort dank Einwanderern aus der Schweiz und Deutschland jedoch bereits seit dem späten 18. Jahrhundert für ihren einzigartigen Geschmack bekannt. Die Entstehung des Firmennamens gibt definitiv Anlass zum Schmunzeln, da diesem ein gemeines Piesacken auf dem Schulhof zu Grunde lag. Einer der beiden Firmengründer, Rick Wetzel, wurde früher auf dem Pausenhof von seinen Schulkameraden mit dem Satz „Hey Wetzel, you pretzel“ aufgezogen. Da bleibt wohl nur zu sagen: Wer zuletzt lacht, lacht am besten…
Ein weiteres Beispiel für deutsche Lehnworte im amerikanischen Sprachgebrauch liefert das Wort „Angst“. Hier muss jedoch darauf verwiesen werden, dass die Niederlande, Norwegen und Dänemark ebenfalls als Urheber dienen, denn auch dort ist von der Angst die Rede. Im 19. Jahrhundert bahnte sich der Begriff durch Übersetzungen der Werke Freuds und Kierkegaards seinen Weg in die Schriften der Amerikaner. Heute verwenden diese ihn vor allem dann, wenn es um übertrieben empfundene Angst, oder Hysterie geht. Sowohl „Teenage Angst“ als auch „German Angst“ sind geläufige Begriffe im Kreise gebildeter Amerikaner. Beim Thema philosophische und psychologische Fachliteratur geblieben, stellt man fest, dass diese sich wiederholt einem weiteren bekannten deutschen Begriff bedient, nämlich dem der „Gestalt“. Dieser beschreibt per Definition Friedrich Sanders eine „gegliederte Ganzheit“. Da es im Englischen schwer fiel hierfür einen geeigneten Begriff zu finden, übernahm man schließlich das deutsche Original. Doch auch außerhalb dieser Fachgebiete wird man fündig. Nicht selten nutzt der amerikanische Autor das Wort „Hinterland“. Gemeint ist hiermit dasselbe wie im Deutschen. Ein abgelegener, oft menschenleerer Ort fernab jeglicher, städtischer Kultur. George Chisholms Buch „Commercial Geography“ dokumentiert den Begriff erstmals im Jahre 1888.
Falsche Freunde
Die Liste deutscher Lehnworte ist lang. Hier noch ein paar Prachtexemplare im Schnelldurchlauf: Ersatz, rucksack, poltergeist, delicatessen, quartz, gummi bear, schnaps, zeitgeist, doppelgänger, weltschmerz, achtung, scheisse , wunderkind, schadenfreude, wanderlust, meister, kaput(t), foosball, führer und blitzkrieg. Die letzten zwei Begriffe sind während des zweiten Weltkriegs in den amerikanischen Sprachgebrauch eingeflossen. Wie man sieht hat der Gebrauch deutscher Lehnworte also verschieden Ursachen. Diese reichen von deutschen Siedlern und deutscher Literatur, bis hin zum zweiten Weltkrieg und Superman. Aber wer meint die deutsche Sprache sei alleiniger Urheber aller Begriffe mit deutschem Klang, die Verwendung im Land der unbegrenzten Möglichkeiten finden, der irrt…
Da sowohl Deutsch, als auch Englisch zu den germanischen Sprachen zählen, gibt es eine Reihe gemeinsamer Worte mit denselben Wurzeln. Ball, Finger, Arm, Hand, Gold, Haus, Maus, Wort, lang, Ende, warm sind nur einige von vielen. Aber Vorsicht, denn manchmal trügt der Schein. Nicht alles was gleich aussieht, ist auch gleich. Es geht um die gefürchteten falschen Freunde. Nehmen wir zum Beispiel das englische Wort „pickle“. Es steht für eine echte Delikatesse in den USA. Dasselbe kann man vom deutschen Pickel leider nicht behaupten. Dieser heißt im Englischen „pimple“. Auch das beliebte englische „gift“ kommt bei den Deutschen nicht gut an. Verbindet man dort diesen Begriff mit Geburtstag und Co., so grüßt hier beim selbigen das Krankenhaus, oder gar der Sargnagel.
Die perfekte Anekdote zum Thema falsche Freunde liefert der Fall eines Bekannten. Dieser machte in der 9ten Klasse einen Schüleraustausch in Greenville, South Carolina. Bei seiner Ankunft wurde er von seiner fürsorglichen Gastmutter gefragt: „Would you like to take a shower?“ Schüchtern und unbeholfen entgegnete er: „No, I must not shower.“ Das Problem hierbei? Der junge Mann hatte gerade gesagt, dass er auf garkeinen Fall duschen dürfe. „Must“ gehört also ebenfalls zur Gruppe der falschen Freunde und steht im Englischen für dürfen. Nun aber genug der falschen Freunde und Anekdoten…
Abschließend bleibt zu sagen, Bindeglieder der beiden Sprachen gibt es seit eh und je. Nicht nur die Amerikaner haben Lehnworte für sich entdeckt, auch die Deutschen haben sich im Zuge der Globalisierung an Anglizismen großzügig bedient. Wandel von Sprache ist keine Neuerscheinung des 21. Jahrhunderts, sondern war stets integraler Bestandteil und bildet somit das Sprachrohr der Geschichte.