- 8. Juni 2015
- Veröffentlicht durch: admin
- Kategorie: Sprachwissenschaft
Deutsch gilt allgemein als eine Sprache, die unglaublich schwierig zu lernen ist und wohl nur noch von Japanisch, Chinesisch oder Finnisch an Schwierigkeit übertroffen wird. Der bekannte Buchautor Mark Twain („Tom Sawyer“), seines Zeichens US-Amerikaner, sagte schon 1897 in einer Rede in Wien, er wünsche sich „bloß die Sprachmethode – die üppige, weitschweifige Konstruktion – zusammenzurücken; die ewige Parenthese zu unterdrücken, abzuschaffen, zu vernichten; die Einführung von mehr als dreizehn Subjekten in einen Satz verbieten und das Zeitwort so weit nach vorne rücken, bis man es ohne Fernrohr entdecken kann“. Auch wenn sich Mark Twain, der ja im Übrigen ausgezeichnet Deutsch sprach, mit einem Schmunzeln derart über die deutsche Sprache ausließ, so brachte er doch genau die Eigenheiten der deutschen Sprache auf den Punkt, die Ausländer verzweifeln lassen.
Denn es lässt sich leider nicht leugnen: Es gibt einige äußerst komplizierte grammatikalische Konstruktionen, die selbst Muttersprachler ab und an ins Stocken bringen können.
Zuerst einmal wäre da die Frage des Artikels: der, die oder das? Denn abweichend vom Englischen, das ja nur the als bestimmten Artikel und a/an als unbestimmten Artikel kennt, romanischen Sprachen, die einen weiblichen und einen männlichen Artikel besitzen, oder gar beispielsweise Russisch, wo die Artikel vollkommen wegfallen, existieren im Deutschen gleich deren drei und zwar in einer völlig willkürlichen Zusammenstellung. Der problematischste Artikel dürfte allerdings „das“ sein, denn ein Neutrum ist für Nicht-Deutsche sehr schwer verständlich. Wie kann etwas denn weder männlich noch weiblich sein? Und vor allem wird das Neutrum ja auch häufig als Verallgemeinerung verwendet: „der Tisch“, „die Uhr, aber „das Kind“, gleichgültig welches biologische Geschlecht dem Kind zu eigen ist.
Auch die Deklination des Deutschen darf man wohl mit Recht als „verzwickt“ bezeichnen. Denn auch wenn das Deutsche lediglich mit vier Kasus aufwarten kann und nicht, wie Russisch mit sechsen oder gar Finnisch mit ganzen fünfzehn, so bleiben sie dennoch schwierig genug. Jeder, der sich versucht, zu überlegen, wie man einem Deutschlernenden erklären soll, warum es heißen muss „in einem schönen Garten“ und nicht, wie anfänglich vermutet „in ein schöner Garten“, wird dies bemerken. Als Muttersprachler wählt man ganz selbstverständlich, ohne zu überlegen, den richtigen Fall, aber jemand, für den Deutsch eine Fremdsprache ist, muss sich mühsam bei jedem Satz aufs Neue überlegen, mit welchem Kasus er es nun zu tun hat.
Eine andere Schwierigkeit besteht in teilweise ziemlich abstrusen Verbverlaufsformen. Der Konjunktiv ist zwar heute selbst unter Deutschen nicht mehr immer geläufig und wird immer häufiger durch die Ersatzform mit „würde“ abgelöst, doch wie kommt ein Ausländer, der sich um Korrektheit bemüht, vom Verb „trinken“ und „du trinkst“ auf die Konjunktivform „du tränkest“?
Doch selbst wenn diese Probleme durch Übung und viel Auswendig-Lernen gelöst werden können, so spricht Twain doch noch eine andere Schwierigkeit an: die Wortstellung. Das Deutsche folgt zwar prinzipiell der gängigen Subjekt-Verb-Objekt-Regel vieler europäischer Sprachen, doch Attribute oder Zeitwörter sind in ihrer Satzstellung Sonderfälle, da sie recht frei innerhalb des Satzes verschoben werden dürfen. „Gestern war ich auf dem Markt und kaufte ein“ ist genauso richtig wie „Ich war gestern auf dem Markt und kaufte ein“.
Eine letzte Charakteristik des Deutschen soll hier angesprochen werden, obwohl es noch etliche weitere gibt, und zwar sind das die Abtönungspartikel. Diese Wörter wie „ja, schon, halt, doch, eben, bloß, nur“, sind keine Bedeutungsträger im eigentlichen Sinn und in die meisten anderen Sprachen nicht wortwörtlich zu übersetzen. Doch sie verändern einen Satz trotzdem erheblich. Die Aussage „Du hast keine Schuhe an“ ist eine vollkommen andere als „Du hast ja keine Schuhe an?!“. Leider sind diese Bedeutungsnuancen so fein, dass ein Deutschlernender vermutlich erst einmal keine Chance hat, diese Unterschiede zu verstehen und selbst Abtönungspartikel richtig zu verwenden. Denn „Du hast ja keine Schuhe an“ und „Du hast halt keine Schuhe an“ ist auch noch einmal eine himmelweite Differenz.
Trotzdem sollte sich ein Deutschlernender auf keinen Fall davon abhalten lassen, der deutschen Grammatik den Kampf anzusagen! Denn hat man einmal die gröbsten Schwierigkeiten gemeistert, findet man eine sehr poetische Sprache durch viele Reimmöglichkeiten und mit vielen Wortspielen und kreativen Wortkombinationen vor.
Und sollte es dennoch einmal mit Deklination, Abtönungspartikeln oder Konjunktivformen nicht funktionieren: Sie wissen, wie Sie uns jederzeit erreichen können!
Wir helfen Ihnen gerne!
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