- 18. Mai 2015
- Veröffentlicht durch: admin
- Kategorien: Sprachwissenschaft, Wörterbücher
Wer hat nicht auch noch so einen zuhause stehen, aus der Prä-Smartphone-Ära? Einen dicken, schweren Wälzer, der verspricht, für zehntausende Worte das passende Pendant in der Zielsprache bereitzuhalten und auch eine zuverlässige Rückübersetzung zu liefern?
Die Rede ist von Wörterbüchern. Sie haben in Zeiten von Smartphones und Tablets, in denen unbeschränkter Internetzugang selbstverständlich geworden ist, offenbar weitgehend ausgedient. Hat doch heute jeder ein Wörterbuch in sämtlichen verfügbaren Sprachen in der Hosentasche digital dabei… Doch ist es gerechtfertigt, dass viele Wörterbücher heute im hintersten Regalfach ihr Schattendasein fristen oder können sie uns durchaus auch heute noch wertvolle Dienste leisten?
Ganz nüchtern betrachtet spricht gegen Wörterbücher zunächst einmal der hohe Preis. Wörterbücher waren früher und sind heute noch immer sehr teuer. Je mehr Stichwörter ein Wörterbuch enthält, desto dicker wird es logischerweise und desto teurer. Sogenannte Apps von Pons oder Leo sind hingegen häufig kostenlos und darüber hinaus in etlichen Sprachen erhältlich.
Ein weiteres Manko des Wörterbuchs ist, dass auch das dickste Wörterbuch nicht über jedes spezielle Fachwort, das man sucht, verfügt. Das Internet hingegen ist nahezu unbegrenzt, was man sich auf der Suche nach der Übersetzung eines Wortes auch zunutze machen kann. Denn findet man das Wort bei dem einen Wörterbuch nicht, geht man eben auf eine andere Seite, wo man vielleicht eher fündig wird.
Ein weiterer, sehr stichhaltiger Punkt, ist die ewige Zeitfrage, die immer wichtiger wird. Selbst ein versierter Umgang mit Wörterbüchern setzt dennoch ein Mindestmaß an Zeitaufwand voraus, bis das Buch zu dem betreffenden Wort durchgeblättert und überflogen werden kann. Das Internet hingegen übernimmt die Blätterarbeit von selbst und liefert innerhalb von wenigen Sekundenbruchteilen bequem ein Ergebnis.
Praktisch sind auch die vielen angebotenen Satzbeispiele, die sich finden lassen (z.B. Linguee). So kann man ein gefundenes Wort auch gleich überprüfen, ob es im Satzkontext wirklich eine gute Übersetzung darstellt und so auch verwendet wird.
Außerdem werben Internetportale mit der ständigen Überarbeitung, Verbesserung und Neuaufnahme von Wörtern. Vielfach können „User“ selbständig neue Einträge anlegen und dafür sorgen, dass das gesuchte Wort bei der nächsten Suche gefunden werden kann. Allerdings hat dies auch einen Nachteil: Diese Einträge werden meistens nicht geprüft! Durch Laien-Einträge sinkt die Zuverlässigkeit derartiger Internetseiten natürlich enorm. So entlockt man Sprachlehrern mittlerweile zum Teil nur noch ein hämisches Auflachen, wenn man als Wortquelle Internetseiten angibt. Hier punktet daher auch eher das papierene Wörterbuch, da sämtliche Inhalte, bevor sie in Druck kommen, auf Herz und Nieren geprüft werden und von einer professionellen Redaktion zusammengetragen werden. Das bedeutet, dass zwar kein Wörterbuch perfekt ist, deren Zuverlässigkeit aber unbestreitbar ist. Je nach Wichtigkeit der Übersetzung sollte man also vielleicht auch eher das Mehr an Zeitaufwand in Kauf nehmen, um dafür ein gesichertes Ergebnis zu erhalten. Die Grammatikregeln, die sich am Ende eines jeden Wörterbuches finden und seit einiger Zeit auch viele landeskundlichen Tipps für Reisende und Interessierte werten ein Wörterbuch außerdem zusätzlich auf.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass, auch wenn Apps und Online-Portale ebenso absolut ihre Existenzberechtigung besitzen, sich Wörterbücher trotz zurückgehender Verkaufszahlen noch lange nicht hinter ihren digitalen Konkurrenten verstecken müssen. Ein Wörterbuch kann auch heute noch gute Dienste leisten!
Schreibe einen Kommentar
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.